Das Verbot der Einlagenrückgewähr ist regelmäßig Gegenstand der Rechtsprechung. Es besagt, dass ein Gesellschafter von der Gesellschaft keine Leistung erhalten darf, die ihn besser stellt, als andere Vertragspartner der Gesellschaft. Schließt ein Gesellschafter einen Vertrag mit der Gesellschaft ab, darf er aufgrund seiner Gesellschafterstellung keine Vergünstigungen der Gesellschaft erhalten; der Vertrag hat „fremdüblich“ zu sein. Ein Vertrag, der gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt, ist nichtig.
Die Rechtsprechung zur Einlagenrückgewähr ist um eine weitere Facette reicher geworden. In einer neuen Entscheidung bestätigte der OGH, dass für die Beurteilung einer Einlagenrückgewähr eine „gesamthafte“ Betrachtung des Sachverhalts anzustellen ist (17 Ob 12/24z).
Sachverhaltskonstellation
Der Alleingesellschafter einer GmbH tilgte Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten im Ausmaß von EUR 200.000,-. Er gewährte der Gesellschaft in diesem Zusammenhang ein Darlehen in derselben Höhe. Die (später insolvente) GmbH hielt zudem noch 100% der Anteile an einer Tochtergesellschaft.
In einer Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und der GmbH wurde festgehalten, dass (i) die GmbH dem Alleingesellschafter das Darlehen zurückzuzahlen habe und dass (ii) die GmbH dem Alleingesellschafter die Anteile an der Tochtergesellschaft zu einem Kaufpreis von EUR 90.917,39 überträgt und dass (iii) der Kaufpreis für die Anteile an der Tochtergesellschaft mit der Rückzahlungsforderung aus dem Darlehen aufgerechnet werden.
Anschließend erfolgte die Abtretung der Anteile an der Tochtergesellschaft von der GmbH an den Alleingesellschafter. Der Kaufpreis für die Anteile wurde mit dem Rückforderungsanspruch aus dem Darlehen aufgerechnet. Die GmbH war zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung wie auch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages überschuldet und zahlungsunfähig.
Der Insolvenzverwalter der GmbH klagte erfolgreich auf Feststellung der Nichtigkeit einer Aufrechnungsvereinbarung, des Anteilskaufvertrages und der Aufrechnung.
OGH: Die Zusammenschau der gesamten Konstruktion ist für die Einlagenrückgewähr maßgeblich
Der OGH beurteilte diesen Vorgang als Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr.
Der Grund der gerichtlichen Beurteilung als Verstoßes ergab sich aus einer Zusammenschau der Verträge zwischen dem Alleingesellschafter und der Gesellschaft: Die Gesellschaft übertrug dem Alleingesellschafter die (werthaltigen) Geschäftsanteile an ihrer Tochtergesellschaft (Vertrag 1), erhielt im Ergebnis aber (aufgrund der vereinbarten Aufrechnung) nur die wegen der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gesellschaft nicht werthaltige Forderung des Gesellschafters, nämlich auf Rückzahlung des der Gesellschaft gewährten Darlehens (Vertrag 2), in der Höhe des Kaufpreises der Geschäftsanteile.
Neu ist die „gesamthafte“ Betrachtung der Rechtsprechung bei der Beurteilung der Einlagenrückgewähr nicht. Der OGH nahm in der jüngeren Rechtsprechung mehrfach eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung der gesamten Konstruktion vor.
Fazit
Beim Abschluss von Verträgen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ist Vorsicht geboten. Eine juristische Prüfung beabsichtigter Verträge und der konkreten Sachverhaltskonstellation kann sich lohnen und/oder Schwierigkeiten vermeiden. Ganz besonders gilt das, wenn sich die Finanzlage der Gesellschaft verschlechtert oder Zahlungsschwierigkeiten absehbar sind.