Im Zuge eines Betriebsübergangs einer Fluglinie änderte sich auch die Pensionszusage für die Arbeitnehmer. Angesichts bisher widerstreitender Meinungen fällte der OGH nun eine richtungsweisende Entscheidung.
Die rechtlichen Auswirkungen, die ein Betriebsübergang auf die davon betroffenen Arbeitsverhältnisse hat, werden in Österreich durch das Gesetz mit dem sperrigen Titel „Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)“ geregelt. Voraussetzung für einen Betriebsübergang im Sinne des AVRAG ist der Übergang eines Unternehmens, eines Betriebes oder zumindest eines Betriebsteiles auf einen anderen Inhaber. Der Erwerber im Sinne des AVRAG muss nicht unbedingt Eigentümer, sondern bloß rechtlich gesicherter oder betrieblicher Inhaber mit Leitungsmacht in Bezug auf das betriebliche Geschehen werden. Es muss sohin ein Inhaberwechsel stattfinden. Das AVRAG gilt für alle Arbeitsverhältnisse, die auf einen privatrechtlichen Vertrag beruhen (daher z.B. nicht für Beamte).
Im Anlassfall galt für einen Flugkapitän eine leistungsorientierte kollektivvertragliche Betriebspensionszusage. Im Zuge eines Betriebsüberganges wurde der Flugkapitän davon informiert, dass diese vom Erwerber, der über eine andere beitragsorientierte betriebliche Pensionszusage verfügte, nicht übernommen werde. Der Flugkapitän widersprach dem Betriebsübergang nicht, begehrte dann aber in weiterer Folge von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Abfindung aus der mit diesem bestehenden, nicht übernommenen leistungsorientierten Pensionszusage.
Wie dieser Sachverhalt zu beurteilen wäre, war bislang strittig. Einige Literaturmeinungen vertraten die Ansicht, dass bloß der Umstand, dass dem Arbeitnehmer vom Erwerber eine schlechtere Pensionszusage als bisher gemacht würde, keinen Anspruch begründe, da § 5 Abs 2 AVRAG lediglich von einem Wegfall der betrieblichen Pensionszusage spreche. Andere Literaturmeinungen vertraten die Auffassung, dass dieser Fall einem Wegfall im Sinne des Gesetzes gleichzuhalten wäre und daher eine Anwartschaftsabfindung begründen sollte.
Angesichts der widerstreitenden Meinungen fällte der OGH nun eine richtungsweisende Entscheidung.
Zunächst hielt der OGH fest, dass die Auslegung des § 5 Abs 2 AVRAG sich grundsätzlich am Gedanken des Schutzes der nichtübergegangenen Anwartschaftsrechte der Arbeitnehmer zu orientieren habe.
Lehnt nun der Erwerber den Eintritt in eine betriebliche Pensionszusage ab, dann entsprechen die Rechtsfolgen einer solchen Ablehnung einer Teilkündigung des Dienstverhältnisses durch den Erwerber. Dies bedeute aber in weiterer Folge, dass damit der Erwerb weiterer Anwartschaften in der bestehenden betrieblichen Pensionszusage des Veräußerers endet. Dies schließe aus, dass es zu einer automatischen Fortsetzung in dem (anderen) betrieblichen Pensionssystems des Erwerbers käme. Der Arbeitnehmer beginne vielmehr ab dem Übergangsstichtag mit dem Erwerb von Anwartschaften des betrieblichen Pensionssystems des Erwerbers nach den dort geltenden Regeln.
Was die Ansprüche des Arbeitnehmers gegen seinen bisherigen Arbeitgeber betrifft, so vertritt der OGH die Auffassung, dass dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zusteht. Der Arbeitnehmer ist berechtigt, den ihm zustehenden Unverfallbarkeitsbetrag entweder gemäß § 5 Abs 2 BPG (Betriebspensionsgesetz) zu veranlagen, in welchem Zusammenhang ihm mehrere Varianten offen stehen, oder sich nach § 5 Abs 4 BPG abfinden zu lassen.
Die Berechnung der Abfindung habe nach dem Teilwertverfahren und den Grundsätzen für die Bildung der Rückstellung vorgenommen zu werden. Mit dieser Abfindung erhält der Arbeitnehmer im Sinne des Interessenwahrungsprinzips der Betriebsübergangsrichtlinie den bis zum Übergangsstichtag berechneten anteiligen Wert der infolge betriebsübergangsbedingter Teilkündigung beendeten leistungsorientierten Pensionszusage. Der Unverfallbarkeitsbetrag, der einen Anspruch gegenüber der Pensionskasse begründe, ist allerdings vom errechneten Teilwert der beitragsorientierten Pensionszusage abzuziehen.
Zusammengefasst führt der OGH aus, dass diese Abfindung keine Überschneidung mit künftigen Ansprüchen aus einer betrieblichen Pensionszusage des Erwerbers aufweist, weil diese die vormalige Pensionskassenbetriebsvereinbarung des Veräußerers ersetzen würde.
Mit dieser Entscheidung des OGH wurde ein seit langem bestehender Meinungsstreit über die Auslegung der fraglichen Gesetzesstelle wohlbegründet beendet.