In der Krise erhalten Unternehmen in der Regel keine Finanzierungen von dritter Seite und die notwendige Ausstattung mit neuem Kapital erfolgt in diesem Stadium in vielen Fällen nur noch durch die Gesellschafter. Das EKEG sieht in diesem Zusammenhang vor, dass ein Kredit, den ein Gesellschafter der Gesellschaft zulässigerweise in der Krise gewährt, Eigenkapital ersetzend ist. Der Kredit wird während der Krise als nachrangig qualifiziert und wie eine Einlage behandelt.
Eine Gesellschaft befindet sich nach den Bestimmungen des EKEG in der Krise, wenn ein Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) oder ein Reorganisationsbedarf (Eigenmittelquote der Gesellschaft weniger als 8 % und fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre) gegeben ist.
Als Rechtsfolge ist eine Rückzahlungssperre für diese Gesellschafterkredite bis zur Sanierung der Gesellschaft vorgesehen. Diese Regelung soll einen angemessenen Ausgleich zwischen der freien Entscheidung der Gesellschafter über eine Finanzierung zur Überwindung der Krise und dem notwendigen Schutz der Gläubiger der Gesellschaft schaffen. Das Risiko des Scheiterns des durch die Gesellschafter finanzierten Sanierungsversuches soll nicht auf die Gläubiger überwälzt werden und deren Ansprüche schmälern.
Eine Anwendung des EKEG findet auf Kapitalgesellschaften, Genossenschaften mit beschränkter Haftung sowie Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (zB GmbH & Co KG), statt. Schließlich erfasst das Gesetz nur Gesellschafter, die an der Kredit empfangenden Gesellschaft kontrollierend oder mit einem Anteil von zumindest 25 % beteiligt sind oder einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben.
Die Anwendung der Bestimmungen des EKEG wird durch § 9 EKEG im Zusammenhang mit der Einräumung von Krediten im Konzern auf nicht beteiligte Schwestergesellschaften im weiteren Sinn (Nichten, Großnichten, etc) erweitert, die auf horizontaler Ebene (sidestream) aufgrund einer Weisung der beiden Gesellschaften übergeordneten Konzerngesellschaft einen Kredit gewähren bzw erhalten.
Die nicht direkt beteiligte, kreditgebende Konzerngesellschaft erhält ergänzend und ausgleichend einen Rückerstattungsanspruch gegen die übergeordnete, anweisende Konzerngesellschaft, die mit der Erstattung des Kredites in die Rechtsposition der kreditgebenden Konzerngesellschaft eintritt. Der Rückerstattungsanspruch kommt der kreditgebenden Gesellschaft und deren Gläubigern zugute.
Der OGH hat nun in der Entscheidung vom 23.04.2020, 6 Ob 154/19v klargestellt, dass auch die Kreditgewährung auf vertikaler Ebene (downstream) in den Anwendungsbereich des § 9 EKEG fällt und die Kreditvergabe in gerader Linie von oben nach unten bei Vorliegen einer Weisung den Rückerstattungsanspruch auslöst. Diese Konstellation kann auftreten, wenn eine Gesellschaft ihrer Tochtergesellschaft einen Kredit in der Krise aufgrund einer Weisung der Großmuttergesellschaft gewährt.
Der Inhalt der Weisung muss die Kreditgewährung zumindest miterfassen und für diese kausal sein. Eine ausdrückliche Weisungserklärung wird im Sinne der neuen Rechtsprechung nicht verlangt, sondern die erkennbare Ausübung der Lenkungsmöglichkeit der übergeordneten Konzerngesellschaft im Sinne einer gewollten und tatsächlich bewirkten Einflussnahme auf den Handlungsspielraum der untergeordneten Konzerngesellschaft wird als ausreichend angesehen.