„Stoppt das Schwitzen“, „Nummer 1 in Italien und Österreich“ - welchen Eindruck eines mit diesen Slogans beworbenen Deos haben Sie?
Die genannten Aussagen hat eine Deo-Herstellerin verwendet, um ihr Produkt „Borotalco“ zu bewerben. Sie führen unweigerlich dazu, dass das Publikum ein außergewöhnlich gutes Deo erwartet, uU sogar das Beste im Vergleich zu anderen Deos. So weit, so gut. Aber was, wenn das beworbene Produkt das Schwitzen tatsächlich nicht zu 100% „stoppt“ und auch keinen klaren Vorsprung vor allen anderen Deos hat? Diese Frage brachte den OGH in seiner Entscheidung 4 Ob 99/21v vom 27.07.2021 ganz schön zum Schwitzen.
Marktschreierische Übertreibung?
Die gegenständliche Werbeaussage „Stoppt das Schwitzen“ indiziert zunächst, dass durch die Verwendung des Deos das Schwitzen gänzlich unterbunden werde – im Verfahren ergab sich jedoch, dass das Produkt der beklagten Deo-Herstellerin das Schwitzen tatsächlich lediglich reduziert. Aufgrund der objektiv unrichtigen Angabe war fraglich, ob die Werbeaussage geeignet ist, das Publikum in die Irre zu führen. Die Beklagte gab zu ihrer Verteidigung an, es handle sich bei der Werbeaussage um eine „marktschreierische“ Anpreisung, welche grundsätzlich zulässig ist. Laut ständiger Rechtsprechung ist jedoch das kennzeichnende Merkmal einer marktschreierischen Anpreisung, „dass sie von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres („sofort“) als Übertreibung aufgefasst und gerade deshalb nicht wörtlich ernst genommen wird. Die Äußerung muss also bei jedermann den sogleich erkennbaren Eindruck vermitteln, dass es sich nur um eine Anpreisung ohne Anspruch auf Glaubwürdigkeit und Gültigkeit handelt.“
Doch selbst, wenn das Publikum in einer bestimmten Werbeaussage sofort eine Übertreibung erkennt und diese dementsprechend nicht wörtlich ernst nimmt, kann sie dennoch irreführend sein. IdR lassen sich nämlich auch marktschreierische Anpreisungen auf einen sachlich nachprüfbaren Tatsachenkern zurückführen und erwecken beim Publikum eine bestimmte Erwartungshaltung - im vorliegenden Fall, dass das Deo „die Schweißbildung in erheblichem, sich der gänzlichen Unterbindung von Schweißbildung zumindest annäherndem Maße, reduziere“. Wird das Produkt dieser Erwartung nicht gerecht – wie im Ausgangsfall, weil das Deo die Schweißbildung bloß maximal zu 50% reduzierte – so ist die Werbeaussage zur Irreführung geeignet und damit unzulässig.
Spitzenstellungswerbung
Durch die zweite fragliche Werbeaussage „Nummer 1 in Italien und Österreich“ wird dem Produkt eine sogenannte „Spitzenstellung“ zugeschrieben, nämlich dass es im Vergleich zu allen anderen Deos in Italien und Österreich das beste bzw. beliebteste Deo sei.
Bei der Beurteilung, ob eine bestimmte Spitzenstellungswerbung irreführend ist, ist zunächst zu differenzieren, ob die Aussage ein rein subjektives Werturteil betrifft oder eine objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptung. Von ersterem ist insbesondere auszugehen, wenn es sich zB um eine subjektive Geschmacksfrage handelt, sich die Aussage also zB auf den „besten Geruch“ bezieht, von zweiterem insbesondere jedoch, wenn die Behauptung bestimmte technische Eigenschaften betrifft. Das Gericht bewertete die Aussage, das Deo sei „Nummer 1 in Italien und Österreich“, als Tatsachenbehauptung dahingehend, dass die Deo-Herstellerin die größte und beste im ganzen Land sei, deren Angebot, Absatz und Umsatz jenen ihrer Mitbewerber deutlich übersteige. Dies hätte objektiv insbesondere durch Vorlage der Umsatzzahlen belegt werden können.
Während nach der allgemeinen Regelung der Kläger die Beweislast trägt, kommt es in Wettbewerbsprozessen wegen Irreführung in bestimmten Fällen zu einer Beweislastumkehr: Dies insbesondere bei Spitzenstellungswerbung, aber auch zB bei Herabsetzung eines anderen Unternehmens durch bestimmte Werbeaussagen oder wenn die Werbeaussage betriebsinterne Tatsachen betrifft. Letzteres ist vor allem in Greenwashing-Fällen oder bei der Erfüllung von Wirksamkeitserfordernissen etwa bei Kosmetik- oder Reinigungsprodukten sowie im Gesundheitssektor relevant. In einem Gerichtsverfahren (zB nach einer Unterlassungsklage) muss dann der Werbende die Richtigkeit seiner Behauptungen beweisen. Grund für diese Umkehr der Beweislast ist meist, dass der Kläger sonst unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hätte, weil er schlicht und einfach zu wenig Kenntnis von den Tatsachen hat, die von dem Werbenden behauptet werden. Dagegen sollte es diesem vergleichsweise leichtfallen, die Richtigkeit seiner Werbeaussagen zu beweisen.
Im Fall des Deos „Borotalco“ konnte die beklagte Herstellerin den erforderlichen deutlichen und stetigen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz nicht beweisen, weshalb das Gericht die Werbeaussage als zur Irreführung geeignet und damit ebenfalls als unzulässig beurteilte.
Fazit
Das Irreführungsrecht ist wie auch sonst das Wettbewerbsrecht geprägt von Einzelfallentscheidungen, was die Vorhersehbarkeit von solchen Verfahren erschwert. Umso mehr empfiehlt es sich, als Werbender die Richtigkeit der eigenen angedachten Werbemaßnahmen vorab kritisch zu prüfen. So können schweißtreibende Gerichtsverfahren weitestgehend vermieden werden.