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Legal News
18. Dezember 2024

Vom Homeoffice zur Telearbeit – Ausgewählte Neuerungen durch das Telearbeitsgesetz

Hintergrund

Mit Wirkung ab 1. April 2021 wurden – nicht zuletzt aufgrund geänderter Arbeitsweisen infolge der COVID-19-Pandemie – in Österreich erstmals gesetzliche Regelungen zum Thema Homeoffice geschaffen. Das im Juli 2024 im Nationalrat beschlossene Telearbeitsgesetz (BGBl I 2024/110) tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft und sieht Änderungen dieser bestehenden arbeitsrechtlichen, sozialrechtlichen und steuerrechtlichen Normen vor.

Der Novelle ging eine im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) durchgeführte Evaluierung der bestehenden gesetzlichen Grundlagen zum Thema Homeoffice voraus. Wesentliches Ergebnis war unter anderem eine Unzulänglichkeit aufgrund der Einschränkung auf Erbringung der Arbeitsleistung „in der Wohnung“. Zwar waren bereits nach der bisherigen Rechtslage von dieser Definition auch Nebenwohnsitze und Wohnungen naher Angehöriger oder Lebensgefährten erfasst, nicht jedoch andere Örtlichkeiten wie beispielsweise Cafés oder die Ferienwohnung eines Bekannten. Dem Bedarf an einer Ausweitung von Homeoffice auf ortsungebundene Telearbeit auch außerhalb von Wohnungen soll durch das Telearbeitsgesetz Rechnung getragen werden, was bereits durch die geänderte Begrifflichkeit („Telearbeit“ statt „Homeoffice“) verdeutlicht wird.

Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes

Durch Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) werden die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Vereinbarung von Telearbeit auch außerhalb der Wohnung geschaffen. Die neue Fassung des § 2h AVRAG enthält die adaptierte Definition der Telearbeit sowie weiterhin Regelungen betreffend Vereinbarung, Kosten und Beendigung.

Telearbeit liegt demnach vor, „wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistungen insbesondere unter Einsatz der dafür erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnologie in ihrer oder seiner Wohnung oder in einer sonstigen nicht zum Unternehmen gehörenden Örtlichkeit erbringt“ (§ 2h Abs. 1 AVRAG nF).

Wie bisher gilt, dass Telearbeit nur im Einvernehmen zwischen den Arbeitsvertragsparteien möglich ist. Telearbeit ist samt dem Ort bzw. den Orten, von welchen aus die Arbeitsleistung erbracht werden darf, aus Beweisgründen schriftlich zu vereinbaren (§2h Abs. 2 AVRAG). Nach den Materialen zu der Gesetzesnovelle soll der Begriff „Schriftlichkeit“ der Vereinbarung nicht auch bedeuten, dass die Vereinbarung unterfertigt sein muss. Auch eine Vereinbarung via E-Mail oder betrieblichen IT-Tools soll daher genügen. Zudem soll das Fehlen der Schriftlichkeit entgegen der bisherigen Rechtslage nicht zur Nichtigkeit der Telearbeitsvereinbarung führen.

Als mögliche Örtlichkeiten für die Erbringung der Telearbeit im Sinne der neuen Regelung kommen neben dem Haupt- oder Nebenwohnsitz der Arbeitnehmer oder einer Wohnung von deren Angehörigen nun etwa auch Räumlichkeiten von Coworking-Spaces oder andere von Arbeitnehmern gewählte Orte in Betracht. Homeoffice im bisherigen Sinne, also an bestimmten Wohnsitzen, ist somit nur mehr eine von vielen örtlichen Möglichkeiten, was weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten schafft – freilich nur bei entsprechender Vereinbarung.

Telearbeit und Unfallversicherungsschutz – Wegeschutz nur bei Telearbeit im engeren Sinn

Im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungsschutz wird nun zwischen Telearbeit im engeren Sinn und Telearbeit im weiteren Sinn differenziert.

Dabei soll der Kernbereich des Unfallversicherungsschutzes – jener für Arbeitsunfälle (§ 175 Abs. 2 ASVG) - auch künftig für alle Formen der Telearbeit gelten. Wegunfälle sollen jedoch nur bei Telearbeit im engeren Sinn erfasst sein. Im Einklang mit der bisherigen Judikatur soll Wegunfallschutz daher im Wesentlichen nur bestehen, wenn nicht das eigenwirtschaftliche Interesse an dem Ortswechsel im Vordergrund steht. Dazu im Folgenden:

-        Telearbeit im engeren Sinn soll vorliegen, wenn die Arbeitsleistung a) am Haupt- oder Nebenwohnsitz der Arbeitnehmer erbracht wird, wobei die Nähe zum Arbeitsplatz ohne Bedeutung ist, oder b) in der Wohnung naher Angehöriger der Versicherten oder in den Räumlichkeiten eines Coworking-Spaces, sofern sich diese Örtlichkeiten in der Nähe zur Wohnsitzwohnung oder zur betrieblichen Arbeitsstätte befinden oder die Entfernung von der Wohnsitzwohnung zur gewählten Örtlichkeit für die Telearbeit auch dem sonst üblichen Arbeitsweg entspricht. Bei darüber hinausgehenden Wegstrecken liegt in den Fällen der lit. b. nur Telearbeit im weiteren Sinn ohne Wegunfallschutz vor.

Der Angehörigenkreis wird im Gesetz abschließend geregelt und geht über die bisher umfassten Personen hinaus. Coworking-Spaces definiert das Gesetz als organisatorisch eingerichtete, von Arbeitnehmern angemietete Büroräumlichkeiten.

-        Telearbeit im weiteren Sinn soll vorliegen bei unter lit. b. genannten Örtlichkeiten ohne räumliche Nähe bzw. vergleichbarer Distanz zur Arbeitsstätte und bei allen sonstigen von Arbeitnehmern selbst gewählten Örtlichkeiten – in diesem Fall unabhängig von der Distanz. Unter letztere werden wohl beispielsweise Hotelzimmer, Cafés, Restaurants, Parks und Hörsäle fallen. Sie alle sind arbeitsrechtlich zulässige Telearbeitsörtlichkeiten und die konkrete Verrichtung der Arbeitstätigkeit steht auch hier unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Weg zu und von diesen Örtlichkeiten, deren Auswahl überwiegend im eigenwirtschaftlichen Interesse der ArbeitnehmerInnen liegt, ist jedoch unfallversicherungsrechtlich nicht geschützt.

Telearbeit und Steuerrecht

Die bislang vorgesehene betraglich gedeckelte, nicht steuerbare „Homeoffice-Pauschale“ für die Ausübung beruflicher Tätigkeit im Homeoffice wird umbenannt zur sog. „Telearbeitspauschale“ (§ 26 Z 9 EStG). Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser auf sämtliche Dienstverhältnisse anwendbaren Pauschale (Höchstbetrag weiterhin EUR 300,- pro Kalenderjahr) sollen im Wesentlichen gleichbleiben, wobei auch hier eine Anpassung an die Ausweitung der zulässigen Örtlichkeiten erfolgt.

Handlungsbedarf bei bestehenden Homeoffice-Vereinbarungen?

Das Telearbeitsgesetz ist auf ab 1.1.2025 abgeschlossene Telearbeitsvereinbarungen, aber auch auf bereits bestehende Vereinbarungen anzuwenden. Bisherige Homeoffice-Vereinbarungen behalten somit ihre Gültigkeit und können grundsätzlich von der Novelle unbeeinträchtigt fortgesetzt werden.

Handlungsbedarf besteht jedoch dann, wenn eine inhaltliche Änderung – insbesondere eine Ausweitung in Bezug auf die Telearbeits-Örtlichkeiten - gewünscht ist. Diesfalls ist eine entsprechende Vereinbarung notwendig. Insbesondere bei öffentlich zugänglichen oder stark frequentierten Örtlichkeiten werden dabei auch Datenschutz- und Betriebsgeheimnisvorsorge zu bedenken sein. Auch eine allfällige Befristung und Kündigungsmöglichkeiten sowie Lage und Ausmaß der Telearbeit und Regelungen betreffend Arbeitsmittel und Kostentragung sollten – wie bereits bisher – vereinbart werden.